§ 25b KWG: Wesentliche Auslagerungen bei Instituten

Kanzlei_HNG Law_Hobohm Natalello Giloth - Rechtsanwälte Mainz, Alzey, Frankfurt

In der Finanzbranche werden immer mehr Aktivitäten an externe Dienstleister ausgelagert, um Kosten zu senken, Effizienz zu steigern oder auf spezialisierte Expertise zurückzugreifen. Dabei spielt die aufsichtsrechtliche Einstufung der ausgelagerten Tätigkeiten eine zentrale Rolle. Vor allem sogenannte wesentliche Auslagerungen unterliegen strengen regulatorischen Vorgaben, die den Schutz der Finanzinstitute und die Stabilität des Finanzsystems sicherstellen sollen. Wesentliche Auslagerungen erfordern besondere Vorsichtsmaßnahmen, da sie eng mit dem Risikomanagement der betroffenen Institute verbunden sind.

Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Anforderungen an wesentliche Auslagerungen im Finanzsektor, basierend auf den Vorschriften des § 25b Kreditwesengesetz (KWG) und den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Im Mittelpunkt stehen die Risiken, die mit Auslagerungen einhergehen, sowie die Ausgestaltung der entsprechenden Auslagerungsverträge. Die Anforderungen an wesentliche Auslagerungen sind komplex und haben weitreichende Folgen für das betroffene Institut und den Dienstleister. Wir geben einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Inhalte und vertraglichen Regelungen, die beachtet werden müssen, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen.

  1. Wesentliche Auslagerungen – Rechtlicher Rahmen und Relevanz

Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Auslagerungen richten sich nach dem Kreditwesengesetz (KWG) und den MaRisk. § 25b KWG unterscheidet hierbei zwischen wesentlichen und unwesentlichen Auslagerungen. Wesentliche Auslagerungen sind jene, die einen erheblichen Einfluss auf das Risikoprofil eines Instituts haben oder die Wahrnehmung der aufsichtsrechtlichen Aufgaben durch die BaFin beeinträchtigen könnten. Für unwesentliche Auslagerungen gelten die allgemeinen Anforderungen an die Geschäftsorganisation nach § 25a Abs. 1 KWG.

Die Bestimmung, ob eine Auslagerung als wesentlich einzustufen ist, hängt von einer gründlichen Risikoanalyse ab, die die Auswirkungen auf das gesamte Risikomanagement des Instituts berücksichtigt. Bei wesentlichen Auslagerungen müssen Institute besondere Vorkehrungen treffen, um sicherzustellen, dass die ausgelagerten Tätigkeiten weiterhin unter ihrer Kontrolle und Aufsicht bleiben. Eine wesentliche Rolle spielen hierbei die Anforderungen an den Auslagerungsvertrag, der genaue Regelungen enthalten muss, um Prüfungsrechte, Weisungsrechte und den Datenschutz zu gewährleisten.

  1. Inhalte eines Auslagerungsvertrags – Wesentliche Regelungen

Der Auslagerungsvertrag bildet das Kernstück der rechtlichen Beziehungen zwischen dem Finanzinstitut und dem Dienstleister. Bei wesentlichen Auslagerungen sind die Anforderungen an diesen Vertrag besonders hoch. Folgende wesentliche Inhalte müssen im Vertrag festgehalten werden:

a) Leistungsbeschreibung und Abgrenzung der Tätigkeiten

Ein zentraler Bestandteil des Auslagerungsvertrags ist die Spezifizierung der ausgelagerten Leistungen. Dies dient nicht nur dazu, Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspartnern zu vermeiden, sondern ermöglicht es auch der BaFin und der Internen Revision, die ausgelagerten Tätigkeiten effektiv zu überwachen. Die MaRisk verlangen darüber hinaus, dass im Vertrag klare Abgrenzungen zu den Tätigkeiten des Finanzinstituts getroffen werden, insbesondere wenn es zu Überschneidungen bei der Leistungserbringung kommt.

b) Auskunfts- und Prüfungsrechte

Die BaFin, die Deutsche Bundesbank, die Interne Revision des Instituts und externe Prüfer müssen auch bei wesentlichen Auslagerungen ihre Aufsichts- und Kontrollfunktionen uneingeschränkt ausüben können. Dies wird durch vertragliche Regelungen sichergestellt, die den genannten Instanzen umfangreiche Auskunfts- und Prüfungsrechte einräumen. Besonders wichtig sind diese Rechte, wenn der Dienstleister seinen Sitz im Ausland hat, da die deutschen Aufsichtsbehörden ohne solche vertraglichen Klauseln ihre gesetzlichen Rechte nicht immer durchsetzen können.

c) Datenschutz

Wesentliche Auslagerungen betreffen oft sensible Daten, sodass der Datenschutz eine besonders wichtige Rolle spielt. Der Vertrag muss daher sicherstellen, dass der Dienstleister alle relevanten datenschutzrechtlichen Bestimmungen einhält, insbesondere die Vorgaben der DSGVO. Dies umfasst sowohl technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten als auch Regelungen zur Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte.

d) Weisungsrechte

Im Rahmen wesentlicher Auslagerungen ist es für das Finanzinstitut wichtig, durch Weisungsrechte sicherzustellen, dass der Dienstleister bei Problemen oder mangelhafter Leistung umgehend handeln kann. Das Institut muss die Möglichkeit haben, den Dienstleister anzuweisen, bestimmte Handlungen zu unterlassen oder Korrekturen vorzunehmen, um eine ordnungsgemäße Leistungserbringung sicherzustellen. In der Praxis kann es jedoch auch sinnvoll sein, auf umfassende Weisungsrechte zu verzichten, wenn die Vertragsleistungen klar genug definiert sind.

e) Kündigungsrechte

Ein weiterer zentraler Aspekt des Auslagerungsvertrags sind die Kündigungsrechte. Bei wesentlichen Auslagerungen müssen dem Institut sowohl ordentliche als auch außerordentliche Kündigungsrechte eingeräumt werden, um flexibel auf Änderungen oder Probleme in der Leistungserbringung reagieren zu können. Ordentliche Kündigungsrechte ermöglichen es dem Institut, den Vertrag ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden. Außerordentliche Kündigungsrechte sind notwendig, um bei schwerwiegenden Verstößen oder einer Nichterfüllung des Vertrags sofort handeln zu können.

f) Regelungen zur Weiterverlagerung (Sub-Outsourcing)

Häufig beauftragen Dienstleister Subunternehmen mit der Erbringung bestimmter Teile der ausgelagerten Leistungen. In solchen Fällen muss der Auslagerungsvertrag Regelungen enthalten, die sicherstellen, dass auch diese Weiterverlagerungen den aufsichtsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Dies erfordert klare Absprachen zur Genehmigung der Subdienstleister durch das Finanzinstitut und zur Einhaltung der Kontrollrechte gegenüber den Subunternehmern.

g) Informationspflichten des Dienstleisters

Der Dienstleister muss das Institut fortlaufend über alle Entwicklungen informieren, die die ordnungsgemäße Erbringung der ausgelagerten Tätigkeiten gefährden könnten. Diese Informationspflichten sind ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanagements und helfen dem Institut, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

  1. Besondere Herausforderungen bei wesentlichen Auslagerungen

Ein zentraler Punkt bei wesentlichen Auslagerungen ist die Sicherstellung, dass die BaFin und andere Aufsichtsbehörden ihre gesetzlichen Prüfungs- und Kontrollrechte auch gegenüber dem Dienstleister ausüben können. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Dienstleister im Ausland ansässig ist. In solchen Fällen sind vertragliche Regelungen zwingend erforderlich, da die gesetzlichen Befugnisse der BaFin im Ausland nicht ohne Weiteres durchgesetzt werden können.

Wesentliche Auslagerungen schaffen oft ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Finanzinstitut und dem Dienstleister, da eigene Kapazitäten abgebaut werden. Umso wichtiger ist es, dass der Vertrag flexible Kündigungsrechte und angemessene Kündigungsfristen vorsieht, damit das Institut im Falle von Problemen schnell reagieren und die Leistungen entweder intern oder durch einen anderen Dienstleister erbringen kann. Zusätzlich können sogenannte Beendigungsunterstützungsklauseln vereinbart werden, die sicherstellen, dass der Dienstleister auch nach Beendigung des Vertrags weiterhin Unterstützungsleistungen erbringt, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.

Die Risikoanalyse spielt bei wesentlichen Auslagerungen eine zentrale Rolle. Sie hilft dem Institut dabei, die potenziellen Risiken zu bewerten und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Besonders problematisch können Weiterverlagerungen von Tätigkeiten durch den Dienstleister sein, da dies die Komplexität und die Risiken der Auslagerung erhöht. Daher müssen Institute sicherstellen, dass alle Subdienstleister ebenfalls die aufsichtsrechtlichen Vorgaben einhalten und dass entsprechende vertragliche Regelungen zur Information und Genehmigung von Weiterverlagerungen getroffen werden.

  1. Fazit: Wesentliche Auslagerungen als komplexe Herausforderung

Wesentliche Auslagerungen stellen Finanzinstitute vor zahlreiche Herausforderungen, die sowohl rechtlicher als auch operativer Natur sind. Die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben des § 25b KWG und der MaRisk ist dabei von zentraler Bedeutung, um sicherzustellen, dass die ausgelagerten Tätigkeiten weiterhin unter der Kontrolle des Instituts bleiben und die Aufsichtsfunktion der BaFin nicht beeinträchtigt wird. Ein gut ausgearbeiteter Auslagerungsvertrag, der alle notwendigen Klauseln zu Prüfungsrechten, Weisungsrechten, Kündigungsrechten und Datenschutz enthält, ist das zentrale Instrument, um die Risiken zu minimieren und die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben zu gewährleisten.

Die sorgfältige Durchführung einer Risikoanalyse und die kontinuierliche Überwachung der ausgelagerten Tätigkeiten sind essenziell, um die langfristige Stabilität des Instituts zu sichern. Institute müssen sich darüber im Klaren sein, dass eine wesentliche Auslagerung nicht nur eine strategische Entscheidung ist, sondern auch eine erhebliche aufsichtsrechtliche Verantwortung mit sich bringt. Mit den richtigen vertraglichen und organisatorischen Maßnahmen lassen sich jedoch die Risiken kontrollieren und die Vorteile der Auslagerung optimal nutzen.  

 

Rechtsanwalt Dr. André Natalello ist ein anerkannter Experte im Bereich Outsourcing und hat zu diesem Thema promoviert. Seine umfassende Expertise basiert nicht nur auf theoretischem Wissen, sondern auch auf praktischen Erfahrungen, die er in der Rechtsabteilung der Commerzbank gesammelt hat. Hier erwarb er wertvolle Kenntnisse im Bereich der Auslagerungen. Dr. Natalello berät Banken bei der Prüfung und Anpassung von Auslagerungsverträgen, um deren rechtliche und regulatorische Konformität sicherzustellen.

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