Gesellschaftsrecht: Erkrankung und Ausfall eines GmbH-Geschäftsführers

Erkrankung und Ausfall eines GmbH-Geschäftsführers

Einleitung

Aufgrund ihrer besonderen Stellung an der Spitze der Organisation wirken sich krankheitsbedingte Leistungseinschränkungen von Geschäftsführern besonders auf die wirtschaftliche und organisatorische Lage der Unternehmen aus.

Der Geschäftsgang verzögert sich, was finanzielle Einbußen der Gesellschaft zur Folge hat, weil das abwesende Organmitglied an gebotenen Entscheidungen der Unternehmensführung nicht mitwirken kann.

Gegebenenfalls muss sogar eine andere gesunde Person das erkrankte Organmitglied ersetzen. In der Übergangszeit kann die Gesellschaft Entscheidungen, für die das Gesamtleitungsorgan zuständig ist, nicht treffen oder ist die Gesellschaft im Fall eines einköpfigen Führungsorgans zeitweise sogar faktisch, wenn auch nicht rechtlich, führungslos. Ist das Renommee eines Unternehmens speziell an die Person des Geschäftsführers geknüpft, kann auch der wirtschaftliche Erfolg von der Beteiligung dieses Geschäftsleiters abhängen.

Wird eine solche Person durch einen „Unfall“ an seinem Körper verletzt, entstehen anlässlich des Unfalles mithin nicht nur der verletzten Person, sondern u.a. auch der Gesellschaft Schäden, Vermögenseinbußen und Aufwendungen, für die dieser dann seinerseits Ausgleich beim für das schädigende Ereignis Verantwortlichen sucht.

Reaktionsmöglichkeiten der Gesellschaft auf die Erkrankung und den Ausfall ihres Geschäftsführers

Eine Reaktion auf eine Erkrankung setzt nicht zwingend die Verletzung einer Geschäftsführerpflicht voraus.

Der Gesellschaft stehen, unabhängig von schuldhaftem Verhalten des Geschäftsführers, Reaktionsmöglichkeiten offen, mit denen sie sich vor Beeinträchtigungen durch die Erkrankung schützen kann. Insbesondere muss die Gesellschaft sicherstellen können, dass ihr ein handlungsfähiger Geschäftsführer zur Verfügung steht.

Dazu kann es erforderlich sein, den erkrankten Geschäftsführer ohne sein Zutun aus der Organstellung zu entheben, sei es, weil dies dem Willen des Geschäftsführers entgegensteht oder er krankheitsbedingt zu einer entsprechenden Willensbildung nicht in der Lage ist.

Die Organstellung des GmbH-Geschäftsführers ist dabei, soweit nicht der Gesellschaftervertrag eine Abberufung nur aus wichtigem Grund zulässt, frei widerruflich gemäß § 38 GmbHG. Dies gilt auch im Krankheitsfall. Auch kann der Anstellungsvertrag krankheitsbedingt gekündigt werden.

Reaktionsmöglichkeiten des Geschäftsführers auf die eigene Erkrankung und den Ausfall

Im Krankheitsfall ist eine Verpflichtung des Geschäftsführers, seine Organstellung niederzulegen, zu erwägen. Die Organbestellung stellt zwar formal einen einseitigen Akt seitens der Gesellschaft dar, dennoch ist das Einverständnis des Geschäftsführers wesentliche Voraussetzung für dessen Ernennung.

Im Umkehrschluss folgt daraus die Befugnis des Geschäftsführers, die Organstellung niederzulegen. Die Amtsniederlegung erfolgt mittels einseitiger, empfangsbedürftiger Willenserklärung. Während es dem Geschäftsführer im Krankheitsfall also unzweifelhaft erlaubt ist, sein Amt niederzulegen, ist eine Niederlegungspflicht fraglich. Als Rechtsgrundlage kommen die Sorgfaltspflicht sowie die organschaftliche Treuepflicht in Betracht.

Die Sorgfaltspflicht fordert vom Geschäftsführer, unternehmensbezogene Entscheidungen am Wohl der Gesellschaft auszurichten. Soweit es um Entscheidungen seine eigene Stellung betreffend geht, wie etwa bei der Frage nach seinem Gehalt, darf er jedoch eigene Interessen verfolgen. Die Sorgfaltspflicht fordert von ihm nicht, seine Organstellung gegen seinen Willen niederzulegen. Zum Schutz des Gesellschaftsinteresses bestehen ausreichende Kündigungs- und Abberufungsmöglichkeiten. Würde eine Pflicht des Geschäftsführers zum Niederlegen seines Amtes bejaht, könnte er bei einem Pflichtverstoß von der Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Dies führt auch aufgrund der Einwirkungsmöglichkeit anderer Gesellschaftsorgane zu abwegigen Ergebnissen. Über Benennung und Abberufung entscheidet das Bestellungsorgan (GmbH-Gesellschafter beziehungsweise Aufsichtsrat) nach eigenem Ermessen. Gegen seinen Willen muss der Geschäftsführer dem Bestellungsorgan diese Entscheidung nicht abnehmen. Jedoch muss er dem über die Abberufung entscheidenden Gesellschaftsorgan seine Erkrankung mitteilen, um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen.

Eine Pflicht zur Niederlegung der Organstellung könnte angenommen werden, wenn der Geschäftsführer erkennt, dass er die Gesellschaft nicht mehr führen kann, weil dies dem Gesellschaftsinteresse widerspräche. Die Treuepflicht des Geschäftsführers kann von diesem nicht mehr verlangen, als die Gesellschafter entscheiden dürfen. Dem Bestellungs- und Abberufungsorgan steht bei der Entscheidung für oder gegen einen Geschäftsführer Ermessen zu. Vor Ernennung oder Wiederernennung eines Geschäftsführers muss es nicht garantieren, dass der objektiv Beste benannt wird. Vielmehr gilt es, eine geeignete Person zu finden. Andersherum kann für den Geschäftsführer nicht die Pflicht bestehen, dafür zu sorgen, dass er im Vergleich zu anderen potentiellen Geschäftsführern der objektiv Beste ist. Die Auswahl des Geschäftsführers fällt vielmehr in die Kompetenz des Berufungsorgans. Dem Geschäftsführer obliegt es zwar, seine Organstellung bestmöglich auszufüllen, dies kann jedoch nicht so weit gehen, dass er sich selbst seiner Stellung entledigen muss.