Die Situation für Erben nach dem Verlust eines geliebten Menschen ist oft bereits emotional belastend genug. Wenn dann noch rechtliche Herausforderungen hinzutreten, sind viele Erben überfordert. Dies führt nicht selten dazu, dass ein wichtiger Schritt nach dem Tod des Erblassers übersehen wird:
Ein Testament, das sich nicht in besonderer amtlicher Verwahrung befindet, ist von dessen Besitzer, regelmäßig einem (Mit-)Erben, unverzüglich, nachdem er von dem Tod des Erblassers Kenntnis erlangt hat, bei dem zuständigen Nachlassgericht abzuliefern. Diese Ablieferungspflicht war erst jüngst wieder Gegenstand einer anwaltlichen Beratung unserer Kanzlei in Mainz. Der Erbe war insoweit der Ablieferungspflicht nicht nachgekommen und hat daher das Nachlassgericht Mainz nicht hinreichend in Kenntnis gesetzt.
Was ist von der Ablieferungspflicht erfasst?
Nicht nur Testamente, sondern sämtliche Schriftstücke, also auch Briefe oder schriftliche Vereinbarungen sind an das Nachlassgericht abzuliefern, wenn deren Inhalt zumindest auch erbrechtlich relevante Äußerungen enthält. Dabei ist unerheblich, ob ein Schriftstück eine wirksame Verfügung von Todes wegen darstellt oder nicht. Dies zu beurteilen ist Sache des Gerichts.
Was fällt nicht unter die Ablieferungspflicht?
Von der Ablieferungspflicht NICHT umfasst sind Erbverträge und sonstige erbfolgerelevanten Urkunden, die der Notar dem Nachlassgericht gem. § 34a Abs. 3 BeurkG im Original (Erbvertrag) abzuliefern oder in beglaubigter Abschrift zu übermitteln hat.
Gilt die Ablieferungspflicht bei Auslandsbezug?
Die Ablieferungspflicht gilt auch, wenn der Erblasser Ausländer ist. Sie gilt selbst dann, wenn sich die Verfügung von Todes wegen im Ausland befindet. Auch sie ist abzuliefern, wenn für ihre Eröffnung ein deutsches Nachlassgericht zuständig ist. Die zwangsweise Durchsetzung der Ablieferungspflicht setzt gleichwohl voraus, dass sich der Besitzer der Verfügung, nicht zwingend die Verfügung selbst, in Deutschland aufhält.
Was droht mir, wenn ich die Ablieferungspflicht nicht erfülle?
Als Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Ablieferungspflicht gegen Privatpersonen kommen – nach ergebnisloser Aufforderung, die Verfügung von Todes wegen beim zuständigen Nachlassgericht abzugeben – die Festsetzung von Zwangsgeld, Zwangshaft oder Anordnungen nach §§ 883, 886, 887 ZPO in Betracht. Das Nachlassgericht entscheidet dabei nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und welche Maßnahmen es anordnet.
Darüber hinaus kommt bei vorsätzlicher Verletzung der Ablieferungspflicht eine Strafbarkeit wegen Urkundenunterdrückung in Betracht. Ist dies der Fall, kann ein Erbe für erbunwürdig erklärt werden.
Ferner kommen Schadensersatzansprüche gegen denjenigen in Betracht, der die Ablieferungspflicht verletzt. Dies kann, wie bereits anfänglich erwähnt, ein (Mit-)Erbe sein, aber auch jeder andere unmittelbare Besitzer einer Verfügung von Todes wegen. Nur in Ausnahmefällen kann auch den mittelbaren Besitzer einer solchen Verfügung eine Ablieferungspflicht treffen.
Sollten Sie zu diesem oder anderen erbrechtlichen Themen weitere Fragen haben, beraten Sie unsere Erbrechtspezialisten hierzu in einem persönlichen/telefonischen Beratungsgespräch (Mainz, Alzey, Frankfurt, Kirchheimbolanden oder Osthofen) oder in einem Video-Call selbstverständlich gerne noch ausführlicher.