Frachtrecht und die Beförderung durch den Allgemeinen Deutschen Automobil-Club e.V. (ADAC)

„Endlich sind sie da, dachte ich noch. Immerhin hatte ich bisher nur gute Erfahrungen mit den goldenen Engeln des ADAC. Ich war ziemlich erschrocken, nachdem mein Fahrzeug durch den Abschleppvorgang einen Totalschaden erlitt“.

In der Form schilderte ein Mandant der Kanzlei Hobohm Natalello Giloth das Geschehen in einem Beratungstermin in der Kanzlei in Mainz. Der Mandant ist Mitglied im ADAC e.V. und hatte über die Hotline eine Abschleppung des Fahrzeugs beauftragt. Durch eine unsachgemäße Behandlung ist das Fahrzeug jedoch vom Abschleppwagen gestürzt und erlitt einen Totalschaden.  

Nachdem die Haftpflichtversicherung des ADAC e.V. aus unerklärlichen Gründen, trotz mehrfacher Kontaktaufnahme und Erläuterung nur einen Teil der Forderung beglich, hat die Kanzlei eine Klage eingereicht. Nachdem der ADAC – durch anwaltliche Beratung – erkannte, dass unsere Forderung berechtigt ist, hat der ADAC schnell noch einen weiteren Teil beglichen und die Forderung im Gerichtsverfahren insoweit anerkannt.

Dennoch sind einige Positionen weiterhin streitig.

Der ADAC beruft sich dabei im Wesentlichen auf Haftungserleichterungen aus dem Frachtrecht.

Der ADAC verkennt hierbei jedoch, dass die Regelungen des Frachtrechts auf die Abschlepptätigkeit des ADAC überhaupt keine Anwendung finden.

Zum Hintergrund:

Vor einigen Jahren war der ADAC großer Kritik ausgesetzt, da sowohl die ideele Tätigkeit des ADAC, als auch die gewerbliche Tätigkeit des ADAC als eingetragener Verein geführt wurde und der ADAC dadurch in den Genuss von Steuervorteilen kam.

Zwischenzeitlich hat der ADAC seine gewerbliche Tätigkeit insbesondere im Zusammenhang mit Versicherungen in eine europäische Aktiengesellschaft ausgelagert. Die ideele Tätigkeit des Vereins als Automobilclub wird jedoch weiterhin als e.V. erbracht.

In einem gerichtlichen Verfahren aus dem Jahr 2017 hat das Amtsgericht München den Vereinsstatus des ADAC bestätigt. Eine Löschung aus dem Vereinsregister wurde abgelehnt, da man durch die Aufteilung in eine Aktiengesellschaft und den eingetragenen Verein für die Tätigkeit des Vereins keine kommerziellen Zwecke erkennen könne. Diese seien zwischenzeitlich in die ADAC Aktiengesellschaft ausgelagert worden.

Abschleppdienste des ADAC im Rahmen des e.V.

Im Rahmen des eingetragenen Vereins erbringt der ADAC nunmehr weiterhin Abschleppdienste. Bei Liegengebliebenen Fahrzeugen können Vereinsmitglieder und Externe den ADAC über Ihre Hotline kontaktieren und das Fahrzeug wird dann abgeschleppt.

Die Tätigkeit erbringt der ADAC dabei weiterhin über den ADAC e.V.

Anwendbarkeit des Frachtrechts

Zuletzt hat sich der ADAC im Rahmen des Rechtstreits – vertreten durch deren Anwalt – darauf berufen, dass ein Frachtvertrag zustande gekommen sei und der ADAC daher in den Genuss von Haftungsprivilegierungen hinsichtlich des Umfangs des Schadensersatzes hat.

Es ist grundsätzlich zutreffend, dass das Handelsrecht im Frachtrecht im Gegensatz zu den Bestimmungen des BGB einen anderen Haftungsumfang vorsieht.

Der ADAC e.V. verkennt jedoch, dass diese Vorschriften auf den e.V. nicht anwendbar sind.

So sei bereits angemerkt, dass das Frachtgeschäft (die §§ 407 ff. HGB) im 4. Buch des HGB geregelt ist dieser Abschnitt mit „Handelsgeschäfte“ übertitelt ist.

Zudem setzt der Frachtvertrag nach dem Wortlaut von § 407 HGB voraus, dass die Beförderung auf Seiten des Frachtführers zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.

„Die Formulierung „Betrieb eines gewerblichen Unternehmens“ knüpft an § 343 HGB an, wonach Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns sind, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. Im Gegensatz zu § 343 verwendet § 407 Abs. 3 allerdings nicht den Begriff des „Handelsgewerbes“. Denn der Begriff des Handelsgewerbes setzt voraus, dass das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 2) oder dass zumindest die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist (§ 2). Wie sich aus einem Umkehrschluss aus Abs. 3 S. 2 ergibt, sollen die frachtrechtlichen Vorschriften jedoch auch nicht eingetragene Kleingewerbetreibende erfassen, also Unternehmen, die – anders als nach §§ 1 Abs. 2, 2 – einen nach Art oder Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordern und auch nicht im Handelsregister eingetragen sind. Um dies zu erreichen, vermeidet Abs. 3 S. 1 Nr. 2 die Verwendung des Begriffs „Handelsgewerbe“ und beschränkt sich auf die Verwendung des Begriffs „gewerbliches Unternehmen“.

Der Begriff „gewerbliches Unternehmen“ entspricht dem des Gewerbes iSd § 1. Ein gewerbliches Unternehmen wird allgemein angenommen, wenn eine erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte, selbständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls wirtschaftliche Tätigkeit am Markt unter Ausschluss freiberuflicher, wissenschaftlicher und künstlerischer Tätigkeit ausgeübt wird.“

(MüKoHGB/Thume, 4. Aufl. 2020, HGB § 407 Rn. 137, 138)

Genau hier wird es nun aber interessant. So wurde der Vereinsstatus des ADAC e.V. im Verfahren vor dem Amtsgericht München noch mit der Begründung aufrechterhalten, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen würde.

Es bleibt daher spannend, wie der ADAC e.V. diese Argumentation aufrecht erhalten möchte ohne in Kollision mit den Vereinsrechtlichen Regelungen zu kommen. Insofern dürften im Ergebnis die Regelungen keine Anwendung finden und der ADAC e.V. ist vollumfänglich zu verurteilen.

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