Das Landgericht Mainz hat sich in einem heute zugestellten Urteil erstmalig mit der entscheidenden Frage befasst hat, wann ein Einfamilienhaus vorliegt. Diese Definition ist von großer Bedeutung, da sie Auswirkungen auf die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes bei Maklerprovisionen hat.
Der Rechtsstreit entstand, als die Beklagte ein Objekt als „Zweifamilienhaus mit großem Garten in Alzey“ inserierte und die Kläger dieses erwarben. Der Haken: Das Haus wurde seit 2012 ausschließlich als Einfamilienhaus genutzt, und die Kläger planten, es weiterhin so zu nutzen. Das Landgericht Mainz musste nun klären, ob die Maklerprovision gemäß dem Halbteilungsgrundsatz auf Käufer und Verkäufer aufgeteilt werden sollte.
Das Gericht berücksichtigte verschiedene Faktoren, darunter die tatsächliche Nutzung und Struktur des Gebäudes. Obwohl das Objekt theoretisch als Zweifamilienhaus nutzbar war, entschied das Gericht, dass aufgrund der vorherigen einheitlichen Nutzung als Einfamilienhaus der Halbteilungsgrundsatz anwendbar sei.
Die Kläger argumentierten, dass der Maklervertrag nichtig sei, da die Provision nur von den Käufern, nicht aber von den Verkäufern verlangt wurde. Das Gericht stützte diese Argumentation und erklärte den Maklervertrag aufgrund des Verstoßes gegen den Halbteilungsgrundsatz für nichtig.
Die Beklagte wurde zur Rückzahlung der Maklerprovision in Höhe von 37.163,50 € verurteilt.
Das Urteil des Landgerichts Mainz setzt klare Maßstäbe für die Definition von Mehrfamilienhäusern und hat potenziell weitreichende Auswirkungen auf zukünftige Rechtsstreitigkeiten im Bereich der Maklerprovisionen. Immobilienkäufer und -verkäufer sollten nun genauer auf die Definition ihres Objekts achten, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.
Das Gericht führte insoweit aus:
„Die Kläger haben gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 37.163,50 € aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB.
Die Zahlung der Provision durch die Kläger erfolgte ohne Rechtsgrund.
Der zwischen der Verkäuferin und der Beklagten geschlossene Maklervetrag, der eine Pflicht zur
Zahlung der Provision allein durch die Käufer vorsah, verstößt gegen den in § 656d S. 1 BGB normierten Halbteilungssatz und ist deshalb nichtig.
Nach dieser Vorschrift gilt, dass sofern nur eine Partei des Kaufvertrags über eine Wohnung oder
ein Einfamilienhaus einen Maklervertrag abgeschlossen hat, eine Vereinbarung, die die andere
Partei zur Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn verpflichtet, nur wirksam ist, wenn die Partei,
die den Maklervertrag abgeschlossen hat, zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher
Höhe verpflichtet bleibt.
Entgegen der Ansicht der Beklagten findet diese Regelung vorliegend Anwendung, da es sich bei
dem veräußerten Objekt um ein Ein- und nicht um ein Zweifamilienhaus handelt.
Ausschlaggebend ist nicht die im Exposé angegebene mögliche Nutzung, sondern die durch äußere Kriterien manifestierte vorherige Nutzung des Objektes.
Die Einordnung als Ein- oder Zweifamilienhaus ist bislang umstritten. Teilweise wird darauf abgstellt, welche subjektiven Vorstellungen der Erwerber zur künftigen Nutzung des Objektes hat, somit der Erwerbszweck (Würdinger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, juris1 O 103/23 – PK-BGB, 10. Aufl., § 656a BGB m.w.N.; BeckOK BGB/Kneller, 66. Ed. 1.5.2023, BGB § 656a Rn. 3). Andere stellen auf die äußerlich erkennbare tatsächliche Nutzung des Objektes vor Veräußerung des Objektes ab (LG Wuppertal, Urteil vom 15. August 2023 – 4 O 376/22 – juris). Wieder andere stellen darauf ab, ob das Objekt anhand vor Beginn der Vermarktung festzustellender objektiver Kriterien ein Ein- oder Zweifamilienhaus darstellt (Wistokat NZM 2021, 905, 907).
Abzustellen allein auf die geplante Nutzung durch den Erwerber ist – unabhängig dass dies vorliegend zum gleichen Ergebnis führt, wie die durch die Kammer vertretene Ansicht – nicht interessengerecht. Für den Makler ist es bei einer möglichen Vielzahl von Interessenten bei dieser Ansicht im Voraus nicht möglich festzustellen, ob eine Provision möglich ist oder nicht, da die Nutzungsinteressen divergieren können. Zudem würde eine Änderung des geplanten Nutzungswunsches durch den Erwerber zum nachträglichen Wegfall eines bereits bestehenden Anspruchs
führen.
Die bloße theoretische Möglichkeit einer Nutzung nach umfangreichen Baumaßnahmen als Mehrfamilienobjekt ist, da sie von einer ungewissen Anzahl von unbekannten Faktoren abhängt kein
ausschlaggebendes Kriterium zur Einordnung, wäre im vorliegenden Fall auch nicht einschlägig.
Das Abstellen allein auf objektive Kriterien vor Beginn der Vermarktung ist zwar nachvollziehbar,
birgt jedoch starke Abgrenzungsschwierigkeiten. Die Abgrenzung bei Objekten wie diesem, bei
denen die Nutzung als Zweifamilienhaus zwar möglich ist, aber dennoch Umgestaltungsmaßnahmen erfordert, bleibt unklar. Zwar macht das bereits vorhandene Treppenhaus die räumliche Abgrenzung einfach. Jedoch bedarf es weiterhin der Installation zumindest weiterer Anlagen wie einer Klingel, eines Briefkastens und der getrennten Abnahme des Verbrauches von Strom, Gas und Wasser, um eine Nutzung durch mehrere Parteien zu ermöglichen. Mögen vorliegend die Anschlüsse für eine Küchennutzung im ersten Obergeschoss zwar schon vorhanden sein, so bedarf es jedoch auch hier einer Aktivierung. Es sind keine Kriterien erkennbar, ab welchem Umfang notwendiger Arbeiten noch ein Einfamlienhaus vorliegt.
Vorzugswürdig ist deshalb darauf abzustellen, welche Nutzung das Objekt zuvor hatte und ob
diese sich äußerlich manifestierte. Da das Gebäude von nur einer Familie bewohnt wurde, über
eine Klingel, einen Briefkasten, einen Zähler für den Verbrauch verfügt, liegt ein Einfamlienhaus vor.
Ein Rechtsgrund zur Leistung liegt auch nicht in der im notariellen Kaufvertrag aufgeführten Pflicht der Kläger zur Zahlung der Provision. Eine derartige Regelung stellt eine Umgehung der Regelung des § 656d Abs. 1 BGB dar und ist somit gemäß § 656d Abs. 1 BGB analog nichtig.
Andere Gestaltungen, die wirtschaftlich darauf abzielen, den Vertragspartner die Maklerprovision
ganz oder teilweise entrichten zu lassen, werden von § 656d BGB jedenfalls in analoger Anwendung erfasst (BeckOGK/Meier, 1.2.2023, BGB § 656d Rn. 8.“
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